Let´s Dance

Let´s Dance

11. März 2022 2 Von Hardy Krüger Jr.

Eine unvergessliche Reise…

Bevor die Reise begonnen hatte, war sie auch schon zu Ende… Es war noch nie ein großes Geheimnis, dass ich von Tanzflächen und Hüftschwung nicht viel gehalten hatte. Frei nach dem Motto: „Tough man don´t dance ! “ ( harte Männer tanzen nicht – 80ger Jahre ! ) , wippte ich höchsten mit dem Kopf zum Takt der Musik. Wenn ich gut drauf war, dann konnte es schon mal passieren, das die Knie leicht zuckten. Mehr war nicht zu sehen. Also, Ambitionen ein Tänzer zu werden, gab es in den 53 Jahren keine. Ich dachte eigentlich auch, dass sich das in diesem Leben auch nicht mehr ändern würde.

“ Tanzen ist das männlichste der Welt !“

Es kommt aber immer anders, als man denkt, dass wisst Ihr ja. „Let´s Dance“ gehört zu diesen Formten im deutschen TV, vor dem ich sehr großen Respekt habe. Wer macht sich denn da freiwillig gerne zum Affen ? Wer hat soviel Selbstvertrauen, dass er sich vor einem Millionenpublikum auf die Tanzfläche von einem gute aussehenden Profitänzer herumwirbeln lässt, um sich dann nach jeglicher körperlichen tänzerischen Überlebenskunst ein paar Pünktchen abzuholen. Mit dem Gedanken im Nacken: Es kann auch alles schon vorbei sein ! Die schmeißen mich bestimmt raus.! Das denkt sich jeder, wenn er an der Empore des Studios sich im Interview die Frage stellen muss: „Wie würdest Du dein Tanz, den du gerade abgeliefert hast, selbst beurteilen ?!“ Alleine diese Frage ist schon – der Weg nach draußen ! Nun ist es ja so, dass die Punktrichter nicht die Entscheidet sind, ob du noch mal tanzen darfst, oder nicht. Es ist das Publikum. So ! Und das ist, was das ganze schon wieder unglaublich spannend macht.

„Schatz ! Das ist der größte Liebesbeweis, ist dir das eigentlich klar ?

Ihr ahnt ja schon, was passiert ist. Ich hatte nach der Anfrage zugesagt und für mich war das nicht nur der größte „Liebesbeweis“ an meine Frau, sondern die größte Herausforderung meines Lebens Könnt Ihr Euch vorstellen, etwas zu machen, was überhaupt nicht in Euren Genen verankert ist. Es steckt mir auch nicht im Blut. Es war ein neues Universum für mich. Ich tauchte in eine andere Welt ein. Plötzlich machte mein Körper komische Dinge, die er vorher noch nie in seinem Leben gemacht hatte. Ich spürte Muskeln, die ich nicht kannte und beobachtete mich beim Training im Spiegel. Ich hatte Angst ich könnte eine narzisstische Ader in mir entdecken. Vielleicht gefällt mir das sogar, was ich da sehe. Ein Hüftschwung zum Beispiel. „Tanzen ist das männlichste der Welt !“ sagte mein Trainer und Freund Dennis zu mir. Warum, fragte ich ihn ! Weil ich meine Weibliche Seite kennen lerne, oder warum ? Ein gewisser Sarkasmus sei mir an dieser Stelle gestattet, denn es zeigt nur, wie fremd mir diese Art mich zu bewegen war ! Es braucht Mut zur Bewegung. Da hatte Dennis recht ! Mut ist eine Eigenschaft, die wir Männer ja nur allzuoft in unserem Wortschatz, wenn es um Abenteuer geht, verwenden. Dieser Kontext war völlig neu. Wenn es darum ging, dann habe ich in meinem Leben als Mann komplett versagt ;-))

Jeder kann Tanzen, fang einfach an !

Ich muss zugeben, dass ich natürlich, nach meiner Zusage, sofort zu einem Tanztrainer gelaufen war. Mit mulmigen Gefühl und dem kalten Schweiss auf der Stirn erzählte ich meinen zukünftigen Tanztrainer Dennis , was ich vorhabe ! „Kannst Du mir ein paar Tricks beibringen, damit ich diese zwei Beine und die Hüfte ein bisschen bewegen kann“. Ich will mich nicht gleich zum Affen machen, wenn ich vor der Jury stehe „! Dennis grinste mich an und sagte ganz locker: „Tanzen kann jeder, fang einfach an!“ .

Genau da war das Problem. Ich schaute ihn mit großen Augen an und brachte nur ein WIE über meine Lippen. Im Takt ! Ja genau ! Es ist schon erstaunlich, was man alles mit seinen Händen, Füßen und Armen tagtäglich so alles macht. Jetzt stand ich vor diesem Mann und hatte keine Ahnung was ich tun sollte, geschweige denn, dass ich irgendwo in meinem körperlichen Resonanzraum ein Gefühl für Takt finden konnte. Dennis hatte Mitleid mit mir und fing an seine Hüfte von rechts nach links zu schmeissen und meinte nur: Mach das, was ich mache !

Beweglich wie ein Baum und ein Taktgefühl wie ein Fisch …

Ich machte eine Bewegung , die Hüfte blieb da stehen, in der Richtung, in der ich ausholen wollte um sie in die gegengesetzte Richtung zu schmeissen und verspürte nur einen unglaublich Schmerz im Ischias. Das wars ! Mehr ging nicht. Das war unsere erstes Training. Nein, Sch(m)erz beiseite. Wir fingen mit dem Training an und ich lernte viel über alle Standard- lateinamerikanische Tänze. Über Tango und viele über die menschliche Physiognomie. Anders gesagt, ich kam sehr schnell an meine Grenze. Schritte und Abläufe war nicht das Problem, dass konnte ich schnell umsetzten. Ich suchte mir im Kopf frei Synapsen und baute Brücken und Strassen, um Zugang zu meinem eigenen Körper zu bekommen, den ich so gut kennen geglaubt hatte.

Ich bin erstaunt zu was der Körper in der Lage ist, wenn der Kopf mitspielt. Bist du mal im Flow, dann entdeckst du Seiten und „Moves“ in dir, die unglaublich sind. Abgesehen von der körperlichen Anstrengung und Leistung war das beeindruckendste für mich, dass ich plötzlich merkte, je freier mein Hüfte wurde, desto emotionaler wurde ich. Ich sah mich schon heulend vor der Jury stehen ! Wer weis was passiert, wenn ich mal eine Rumba tanze und alles an Emotionen hoch kommt, was bisher noch keinen Zugang nach draußen gefunden hatte. OMG. Kann ich das überhaupt riskieren ? Tausend Gedanken, Kopfkino und sowas wie ein kleines Glücksgefühl !!

Tanzen ist Hochleistungssport ! Kein Witz !!

Wer glaubt, dass Tanzen nur Spaß und ein bisschen Bewegung zum Takt der Musik bedeutet, der hat sich mal geirrt ! Das Leben eines erfolgreichen Tänzer:in ( ist das so korrekt ??) ist wirklich hart. Die meisten guten Tänzer, fangen in Kindheitsalter an. Das tägliche Training, die Strapazen und die körperliche Leistung ist unvorstellbar. Von der Kindheit bleibt ausser dem Training und Wettkämpfen nicht viel übrig. Viele Tänzerinnen, denen ich auf meiner Reise bei „Let´s Dance“ begegnet bin, erzählen mir diese Geschichte. Keine Kindheit, kaum Freizeit. Schule, lernen, Training, schlafen und das alles für den Wettkampf in einer Sportart, die kaum ein höheres Verletzungsrisiko besitzt, wie im Amerikan Football !

Ich habe ein sehr großen Respekt vor all diesen jungen Menschen, die ich in den Wochen dieser Show kennenlernen durfte. Ich ziehe meinen Hut vor Ihnen.

Beeindruckt hat mich allerdings auch diese Freude und Gelassenheit, der Tänzer_innen ! Dennis hatte schon viel geleistet und schon mal ein kleines „Fundament“ ( übertrieben ) geschaffen, auf dem ich das Training für die Show beginnen konnte.

8 Stunden Training am Tag für die Show ? Ja ! Und die wirst du auch brauchen !

Diesen Satz hatte ich im Hinterkopf, als ich meine Reise nach Köln antrat. Ich saß im Zug und war natürlich ziemlich aufgeregt, aber auch gespannt auf die Erfahrung, die ich auf diesen Weg machen würde. Vielleicht schaffe ich es in die 4-5 Runde. Das wäre schon mal nicht schlecht, mit meinen Voraussetzungen, wenn da nur dieser Satz von Dennis nicht in meinem Kopf herumgeschwirrt hätte: „Mach dich darauf gefasst, dass du am Tag acht Stunden trainieren wirst. Und du wirst diese Zeit auch brauchen!“ Na klar. Acht Stunden Training ! Da ist jeder nach einer Woche erledigt.

Dennis sollte Recht behalten. Die vielen Sunden Training sind wirklich notwendig, um die Choreografie den Song und dein Körper in den Griff zu bekommen.

Liebe Isabell, Renata und Patrizia ! Danke für Eure Geduld und Durchhaltevermögen. Ich hoffe ihr habt ein Schmerzensgeld oben drauf bekommen. Es wäre nur all zu gerecht.

„Die Kennenlernen Show“ naht. Macht Euch bereit !!

Viel Zeit hatten wir für unsere Vorbereitung nicht. Acht Stunden klingen lang, doch sie sind es nicht ! Kein Witz ! Es sind zu wenig Tage um sich sicher und entspannt zu fühlen. Die „Kennenlernshow“ rückte immer näher und die Zeit immer knapper. Tango ! Meine Lieben, das ist für mich der schönste Tanz von allen. Aber auch der schwierigste ! Wenn er nicht wirklich den Ausdruck hat, der im gebührt, dann ist es schlichtweg einfach nur lächerlich. Ich wollte eine gute Figur machen. Hätte ich mir den Tango gewünscht, dann wäre das ein schöner Tanz für die Runde vier gewesen. Aber zur „Kennenlernshow“ ist das ein dickes Ding !

Der / Mein letzter Tango in Köln …

In meinem Leben habe ich nicht oft für ein Auftritt so intensiv geprobt, wie bei „Let´s Dance“ ! Ich kann mich auch kaum erinnern, so nervös vor einer Premiere gewesen zu sein. Das lag sicher daran, dass ich nur mein Körper und meine Partnerin hatte. Was mir Halt und Sicherheit gegeben hätte, wären Texte. Das kann ich ! Doch die Stunde der Wahrheit war gekommen und meine Nervosität war zum umfallen – schrecklich ! Je öfter ich die Tanzschritte im Geiste durchlief, desto schneller hatte ich sie schon wieder vergessen. Dann war es soweit. Meine ersten Schritte waren noch voller Kraft und stolz, doch dann schwanden meine Kräfte und plötzlich war alles schon vorbei. Nochmal ! Dachte ich mir ! Jetzt nur für mich zum Spaß haben ! Nichts da, es war zu spät. Wir hatten den ganzen Abend diesen Moment entgegen gefiebert. Als vorletzte Tanzgruppe hatten wir schon vier Stunden Wartezeit hinter uns. Meine Seele reiste noch meinen Tanzschritten hinterher, als wir schon bei den Punkten im Interview unsere Performance „schönredeten“… Mittelfeld ! Das war unser Ergebnis. Damit könnte ich leben. Schlagartig wurde mir aber in diesem Moment bewusst, dass die nächsten harten Trainingsstunden vor mir lagen. Das war jetzt erst der Anfang.

„vor der Show ist nach der Show“ !

Es ist ein altes Phänomen. Wir Künstler / Schauspieler proben für ein Theaterstück. Anfangs sind die Proben noch sehr „hölzern“. Es geht ums „Suchen und Finden“ der Figur. Die Proben für die Theaterbühne sind wichtig für jeden Schauspieler sein Aktion ( Wege ) mit seinem Text zu verbinden. Das hat mehrere Gründe. Wenn man einen Gang mit einem Text verknüpft „verschmelzen“ sie miteinander, falls der Schauspieler – ich in dem Fall – ein Satzhänger hätte, fällt er dir durch den Gang, den du machst, in der Regel wieder ein. ( ist besonders bei langen und klassischen Stücken sehr hilfreich !) Die Inszenierung steht natürlich im Vordergrund. Die Handlung soll auf der ganzen Bühne statt finden, damit der Bühnenbauer seinen Job machen kann und zu gutersetzt weiß der Tontechniker, wenn der Schauspieler auf einer bestimmten Position auf der Bühne steht, dass er ein Licht, oder Ton einspielen muss. In der Regel hat man viel Wochen Zeit für die Proben. „Dann muss das Ding in der Schnauze sein“ , wie es so schön heißt.

Nach den vier Wochen Probe geht es dann in der letzten Woche auf die richtige Bühne an dem Ort, wo die Premiere dann stattfinden soll. Jede Bühne hat eine andere große, mal gibt es einen Orchestergraben, andere Bühnen sind so klein, dass man sich am liebsten während des Spiels schon umzieht. Auf all diese Eventualitäten kann man sich dann in der Woche einstellen.

Es gibt die Generalprobe. Wichtig: Sehr wichtig. Es darf nicht alles glatt laufen, dann ist die Premiere ein Erfolg. Jeder Schauspieler hat seine Eigenheiten. Besonders kurz bevor der Premiere. Oft denke ich mir: Wenn jemand diesen Wahnsinn sehen könnte, der würde uns für völlig bekloppt halten. Nach überstandener Premiere ist dann alles ruhig und völlig normal. Die ganze Aufregung und Nervenzusammenbrüche, Streits und Diskussionen sind wie weggefegt. Vor der Premiere fragt man sich vor lauter Aufregung, warum man sich verdammt noch mal immer wieder auf diesen Scheiß einlässt ! Ein ganz normaler Beruf, könnte es doch auch sein.

In Wahrheit können wir gar nicht anders. Wir brauchen das ! Der schönste Moment ist, nach all dieser Arbeit, ein glückliches Publikum, die im besten Falle stehend Applaudieren und beseelt sind. Wenn das passiert, dann weist du warum du all das machst.

Am nächsten Tag geht das ganze wieder von vorne los. Zugegeben, das ist ziemlich verrückt. Aber der schönste Beruf, den ich mir vorstellen kann.

Die Vorbereitung auf die Show 1

Kaum in Berlin angekommen, ging für Patrizia und mich die Proben für die erste Show los. Sie ist gerade Mutter geworden und versetzte alle in Staunen, wie sie das nach so kurzer Zeit alles auf die Reihe bekommt. Nebenbei sei noch erwähnt, dass sie so schlank ist, dass man sich fragt, welcher Körperteil denn „schwanger“ gewesen sein soll ? Es war nichts zu sehen ! Respekt ! Die ersten Wochen mit Kind sind schon sehr anstrengend und dann noch einen Nichttänzer auf eine Show vorzubereiten, in nur vier Tagen, das ist schon wirklich beeindruckend !

Mir war dann schon sehr schnell klar, dass diese junge Frau für diesen Beruf gemacht ist. Sie hatte schnell einen Plan und jagte mich über das Parkett der Tanzschule mit neuen Rhythmen und Tanzschritten. Die Aufgabe war ein Cha Cha Cha auf Phil Collins. Super Idee. Meine Zeit ! Aber auch mein Alter. Das machte mir ein wenig zu schaffen. Nicht die Kondition, sondern mein Rücken war am Limit. Das, was ich am wenigsten wollte, war „Jammern“. Ich hatte Lust und wollte das Ding „Rocken“. Ich hatte sowas wie Ehrgeiz entwickelt. Im Ernst. Ich wollte gut werden, indem, was ich da mache. Es fing an mir langsam auch wirklich großen Spaß zu machen. Wer hätte das gedacht ! Als ich meiner Mutter und meiner Schwester von meiner Teilnahme an „Let´s Dance“ erzählt hatte, lachten beide nur ganz laut. Sie konnten sich das genauso wenig vorstellen, wie ich anfangs. Das Lachen war nicht wirklich ein freudiges Lachen. Nein, es klang eher wie ein mittleidiges Lachen – gepaart mit etwas Respekt.

Am Ende des Tages war es aber leider nicht der Rücken, der mir mein großen Erfolg als neuer Tänzer ein Strick durch die Rechnung machte, sondern ein positiver Corona Test. Ich hatte gehofft, dass ich in der Show 2 wieder dabei sein darf. Der Zweite Test war allerdings auch positiv und meine Werte lagen bei 17! Die Show war für mich vorbei. Das schlimmste daran war, dass es nicht nur mich erwischt hatte, sondern meine Frau, Tamino und Theo. Alle in Quarantäne und die Füße still halten ( eine Qual für uns alle ). Glücklicherweise hatte Patrizia ein negativ Test und konnte so mit Ihrer Familie nach Hause fahren und entspannen. Sie wurde später dann einen anderen prominenten Tänzer zugewiesen.

Was bleibt ist ein Versprechen: I`l be back !

Wer weis, was die Zukunft bringt. Eines ist definitiv klar: Diesen Tango den kriege ich noch besser hin ! Allen noch Mitstreiter, Kämpfer, Profis und Teammitglieder von Seapoint wünsche ich eine „Great Show“ und viel Spaß. Ich sage DANKE !