Wie sieht der Tag eines Schauspielers in Zeiten der Pandemie aus ?
Wie sieht das Leben eines Schauspielers, oder Künstlers in Zeiten wie diesen aus ? Diese Frage wird mir oft gestellt. Nun, abgesehen von den Sorgen und Nöten, die wir alle haben: Wie lange halten wir noch durch, wann können wir wieder auf die Bühne. Wann gibt es wieder die Möglichkeit der Versammlung, beispielsweise für eine Lesung. Wann können wir endlich unsere Kinder sehen, die nicht bei uns unter einem Dach leben. Besonders die Frage nach dem Schulabschluss und dem Folgejahr macht uns große Sorgen.
Natürlich ist es bei einer großen Familie, wie die u unsere, ein großer Druck. Die Zeit hat uns auf der einen Seite sicher gut getan, doch es gab Tage, da hätte man sich manchmal etwas mehr Luft gewünscht. Zum Glück sind das nicht viele Momente, die vorbeigehen, aber sie sind eben da. Es ist an der Stimmung zu merken. Wenn die Tage schon mit schlechter Laune beginnen, was bei jungen Menschen nicht selten vorkommt, so kann das auch den Eltern langsam auf die Nerven gehen. Gottseidank ist es ja nur ein Phase. Sie vergeht. So wie die ersten Pickel, die erste Liebe und das schlechte Schuljahr, durch das man mit Pauken und Trompeten gerasselt ist. Alles Menschlich ! Alles normal.
Genau dieses „Normale“ beschäftigt mich. Vor nicht all zu langer Zeit, bin ich von einem Drehort zum nachten Set gehetzt. Textbuch in der Hand. Kaum geschlafen und hoch konzentriert, einen guten Job zu machen. Wenn ich heute darüber nachdenke, so kommt mir das völlig absurd vor. Die vielen Theaterproben und Tourneen, die dann parallel stattgefunden haben. Dazwischen noch eine Lesung, oder Autogram Stunde. Es gab in meinem Leben viele Jahre, die von Reisen so geprägt waren, dass ich auf vielleicht 90 Tage komme, wenn ich alle Tage zusammenrechne, an denen ich mal Zuhause im eigenen Bett geschlafen habe. Nicht gerade viel.
Dieses Leben aber, war für mich alles. Ich konnte es kaum erwarten, wieder in den Flieger oder ins Auto zu steigen und wieder los zu fliegen. Es gab immer etwas zu tun, zu bewegen. Der „Reisende, der nie ankommen will“. So habe ich mich gerne bezeichnet.
Heute ist alles anders. Seit fast nun mehr als zwei ahren schon, sind die täglichen Rituale mein Fundament meines Schaffens. Ich hatte noch nie so viel Zeit, mir eigenen Rituale zu schaffen. Ich wurde durch Film und Textbüchern, Events oder Theatertourneen bestimmt.
Jetzt habe ich Zeit morgens früh auszustehen, wenn ich will ( muss aber nicht ) gehe mit dem Hund eine Runde durch den Wald. Setzte mich an den Schreibtisch mit einem Pott Kaffee. Schreibe meine Gedanken auf. Dann folgt das Frühstücksritual. Der 3 Kaffe im Bett. Zusammen mit meiner Frau. Wir gehen die Termine durch. Machen uns den Plan für den Tag und legen dann los. Das ist schon ein Geschenk, wenn ich ehrlich bin. Ich hatte noch nie die Möglichkeit mein Tag selbst zu bestimmen. Da ich kein fauler Mensch bin, mir immer wieder irgendein Blödsinn einfällt, sind die Tage trotzaltem voll mit Arbeit, Projekten und vielen neuen Ideen.
Was mir fehlt ? Die Möglichkeit zu reisen, wann ich will und wo hin ich will. Im Prinzip ist das heute wieder möglich. Es ist aber nicht, was es Krüger mal war. Aus Klimatechnischen Gründen, haben wir entschlossen auf Reisen zu verzichten, die nicht unbedingt notwendig sind. Das schreckt die Bewegungsfreiheit schon sehr ein. Dennoch halten wir es für sehr wichtig, unseren Beitrag zur Klimaneutralität zu leisten.
Es ist natürlich einen neue Situation, an die wir uns gewöhnen müssen. Wenn man „möchte“ aber nicht „darf“ ist es immer noch etwas ganz anderes, als wenn man nicht „darf“ aber „möchte“. Es ist nur ein Gefühl, lässt die Dinge aber in einem anderen Licht erscheinen. Es geht uns in vielen Bereichen des Alltags so. Wir können also nicht behaupten, dass unser diese letzten knapp zwei Jahre nicht verändert haben, oder.
Unser Leben und unser Bewusstsein hat sich transformiert. Vieles ist uns klar geworden: z.B. was für uns wichtig ist. Auf was wir nicht verzichten wollen und wer unserer Freunde sind und wie stark die Familie doch sein kann – oder auch nicht ! Ein ganz schöner Denkzettel, meine Herren !
Ich bin davon überzeugt, dass wir das gebraucht haben. Leider mussten wir für diese Erkenntnis viel opfern. Wir Menschen erkennen aber leider viel zu spät, das wir etwas wertschätzen. Meistens erst dann, wenn wir es verloren haben. Es uns weggenommen worden ist. Eine bittere Pille. Wir wollen, oder können es nicht anders lernen.
Selten im Leben habe ich mich auf den Tag so freuen können, wie wenn ich morgens aufstehe und in den Tag hineinleben kann. Ich kann planen und organisieren, entwickeln. Keiner kann dich aufhalten. Nur du selbst kannst dir im Weg stehen. z.B. wenn du deinen Hintern nicht aus dem Bett kriegst. Ja ! Natürlich ! Auch solche Tage gibt es bei uns ! Kein Mensch, den ich kenne steht jeden Tag mit einem Lächeln auf. Ausser unser kleiner Hund „Timba“. Der Freut sich jeden Tag wie ein verrückter, wenn der Tag anbricht und Herrchen und Frauchen endlich wach sind !
Viele meiner Kühnster Kollegen haben leider nichts zu lachen. Die Theater sind noch immer geschlossen. Die Kinos sind zu. Ein paar wenige haben Arbeit. Es wir gedreht, soviel steht fest. Die Film und TV Industrie wird sich aber mal wieder „neu“ erfinden müssen. Das wird eine Zeit in Anspruch nehmen. Ich hoffe für uns alle, das wir bessere Zeit erleben werden. Es ist so wichtig für uns alle, das unsere Kultur nicht ausstirbt ! Streamen kann kein Theater ersetzen. Ein guter Film auf Netflix auch kein Kinoerlebnis sein. Das einzige was noch bleibt, sind Bücher. Sie haben und werden alles überleben. Wenn dieser Umstand dazu führt, dass junge Menschen wieder zu Buch greifen oder das Lesen für sich entdecken, dann wäre das eine tolle Sache ! Jedoch kann auch ein Buch kein Film., keine guten Dialog und tolle Schauspielerische Leistungen ersetzen.